Februar 2010

Vorsteuerabzugsrecht bei Beteiligungsveräußerung

Nach geltender österreichischer Rechtslage sind die Umsätze und die Vermittlung von Anteilen an Gesellschaften gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit g UStG steuerfrei, sofern eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt. In diesem Fall steht nach § 12 Abs. 3 Z 2 UStG auch kein Vorsteuerabzug zu. Ist die Beteiligungsveräußerung keiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen, kommt mangels unternehmerischer Tätigkeit ebenfalls kein Vorsteuerabzug in Betracht. Der EuGH hat sich zuletzt mit der Frage des Vorsteuerabzugsrechtes bei der Veräußerung einer 100%igen Beteiligung an einer Tochtergesellschaft befasst (EuGH 29.10.2009, Rs C-29/08, „AB SKF“). Laut EuGH ist zu unterscheiden, ob die Eingangsleistung, für die der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden soll (z.B. Beratungsleistungen im Zuge des Verkaufs) unmittelbar mit der Beteiligungsveräußerung in Zusammenhang steht oder nicht. Dies ist laut EuGH dann der Fall, wenn die Ausgaben in den Verkaufspreis der Anteile eingehen. Ist diese Voraussetzung erfüllt, steht für den steuerfreien Anteilsverkauf kein Recht auf Vorsteuerabzug zu. In der Praxis wird der Veräußerungspreis einer Beteiligung jedoch regelmäßig unabhängig von den Ausgaben des Veräußerers sein. Die Ausgaben stellen vielmehr einen Bestandteil der allgemeinen Kosten des Unternehmens dar. Da diese allgemeinen Kosten eher die Preise der steuerpflichtigen Produkte des Unternehmens erhöhen als den steuerfreien Veräußerungspreis, steht in diesem Fall laut EuGH ein Vorsteuerabzugsrecht zu. Im Gegensatz zur bisherigen Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung sollte daher bei Beteiligungsveräußerungen grundsätzlich ein Vorsteuerabzugsrecht (für z.B. mit der Veräußerung zusammenhängende Beratungsleistungen) bestehen. Das EuGH-Urteil eröffnet somit neue Gestaltungsalternativen, um ein Recht auf Vorsteuerabzug bei so genannten Share-Deals zu erlangen.

Vermietung zwischen nahen Angehörigen

Seit jeher zählt die Vermietung zwischen nahen Angehörigen als „heißes Eisen“ bei der Betriebsprüfung. Hierbei kann es nämlich auf einfache Weise zu einer Teilung der steuerlichen Bemessungsgrundlage zwischen nahen Angehörigen kommen, wodurch die Steuerlast verringert werden kann. Um diesem „Family-Splitting Effekt“ entgegenzuwirken nimmt die Finanzverwaltung Vertragsbeziehungen dieser Art besonders genau unter die Lupe. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH können Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen nur Anerkennung finden, wenn sie - nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizität), - einen eindeutig klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und - auch zwischen Familienfremden unter denselben Bedingungen abgeschlossen worden wären. Zivilrechtlich ist der Abschluss eines Mietvertrages an keine Form gebunden. Eine Vereinbarung wäre also auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten möglich. Allerdings ist nach den Bestimmungen des MRG bei bestimmten Vereinbarungen (z.B. bei der Befristung von Mietverhältnissen) die Schriftlichkeit erforderlich. Da diese Schriftlichkeit unter Fremden üblich ist, ist dies auch für die Vertragsbeziehung zwischen nahen Angehörigen zwingend erforderlich. Ein schriftlicher Vertrag ist demnach auf jeden Fall empfehlenswert, da dadurch der eindeutige Inhalt und die Publizität klarer zum Ausdruck kommen. Zudem sind in diesem Vertrag die wesentlichen Vertragsbestandteile wie z.B. Mietentgelt, Wertsicherungsklauseln, Betriebskosten, Instandhaltungsverpflichtung etc. anzuführen. In der Entscheidung vom 6.11.2009 wurde vom UFS (GZ RV/0370-W/06) eine weitere Vertragsbeziehung zwischen nahen Angehörigen untersucht. Wie nicht anders zu erwarten, bestätigte der UFS zunächst die vom VwGH entwickelte oben angeführte Rechtsprechung. Zudem führte er aus, dass als Kriterien für die Fremdüblichkeit vor allem Lage, Größe, Art und Beschaffenheit sowie die Ausstattung des Mietgegenstandes herangezogen werden können. Außerdem stellte der UFS fest, dass auch der Vollzug des Vertragsverhältnisses wie unter Fremden zu erfolgen hat. Dies beinhaltet zumindest die tatsächliche Zahlung des Mietentgelts sowie die im Vertrag festgesetzten, vom Mieter zu tragenden Kosten. Im konkreten Fall vermietete eine Personengesellschaft eine Wohnung an die Tochter der 50%-Gesellschafterin der Personengesellschaft, wobei die Miete um etwa 1/3 unter dem Durchschnitt einer anderen Wohnung im gleichen Haus lag, obwohl ein exklusiver Zugang zu einem begehbaren Flachdach gegeben war. In seiner Entscheidung ging der UFS dennoch von einer fremdüblichen Vertragsbeziehung aus. Denn zum einen rechtfertigen die Dachschrägen sowie die niedrigeren Vermieterinvestitionen einen Mietentgeltabschlag. Zum anderen habe sich der Zugang zum Flachdach zwingend aus dem Dachbodenausbau ergeben, da dieser Zugang dem Rauchfangkehrer jederzeit zur Verfügung stehen müsse.

VwGH bestätigt Hauptwohnsitzbefreiung für stille Reserven in Grund und Boden

Das Einkommensteuerrecht begünstigt die Aufgabe bzw. Veräußerung von Betrieben, wenn sie deshalb erfolgt, weil der Betriebsinhaber ein gewisses Alter erreicht hat und sich zur Ruhe setzen möchte bzw. aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Weiterführung in der Lage ist. Eine besondere Begünstigung steht dem Betriebsinhaber zu, wenn er seinen Hauptwohnsitz in dem Betriebsgebäude hat und es zu einer Betriebsaufgabe kommt. § 24 Abs. 6 EStG sieht nämlich vor, dass bei der Übernahme von Gebäudeteilen bzw. ganzen Gebäuden ins Privatvermögen auf Antrag die Aufdeckung der stillen Reserven unterbleibt, soweit bestimmte Voraussetzungen (etwa die Vollendung des 60. Lebensjahres und Einstellung der Erwerbstätigkeit) erfüllt sind. Diese so genannte „Hauptwohnsitzbefreiung“ soll soziale Härtefälle vermeiden, die eintreten würden, wenn der Steuerpflichtige wegen der Betriebsaufgabe stille Reserven besteuern müsste, die er nicht realisieren könnte, ohne gleichzeitig seinen Wohnsitz zu verkaufen. Schließlich fließen bei Betriebsaufgabe keine liquiden Mittel zu, die zur Begleichung der Steuerschuld verwendet werden könnten. Der VwGH hatte in seiner Entscheidung vom 28.10.2009 (GZ 2009/15/0168) mit der Frage zu tun, ob sich die Hauptwohnsitzbefreiung auch auf die stillen Reserven im Grund und Boden erstreckt. Strittig war im konkreten Fall, ob die Hauptwohnsitzbefreiung nur den betrieblich genutzten Teil des Hauses betrifft oder auch auf den korrespondierenden Teil des Grund und Bodens anzuwenden ist. Der VwGH hat - wie schon in einer früheren Entscheidung (GZ 2005/14/0038 vom 14.12.2006) - bestätigt, dass der Sinn der Befreiung auf das gesamte Wirtschaftsgut „Gebäude“ abzielt und darunter nicht nur die bautechnische Einheit, sondern auch der Grund und Boden zu verstehen ist. Ebenso hat der VwGH die Vermutung entkräftet, dass sich die Befreiung nicht auf den Grund und Boden erstrecke, da die Hauptwohnsitzbefreiung nur auf Gewinnermittler gem. § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG abziele und bei diesen ja die Wertänderungen von Grund und Boden sowieso keine Rolle spielen. Damit es auch langfristig zu keiner Besteuerung der stillen Reserven bei Gebäuden, auf welche die Hauptwohnsitzbefreiung angewendet wird, kommt, ist es notwendig, dass das Gebäude bzw. der Gebäudeteil nach der Betriebsaufgabe zu keiner weiteren Einkünfteerzielung durch den Steuerpflichtigen bzw. durch einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger genutzt wird. Außerdem darf es innerhalb von fünf Jahren nach der Betriebsaufgabe nicht zu einer Veräußerung des Gebäudes bzw. des Gebäudeteils kommen.

Rechnungslegungsrechts-Änderungsgesetz 2010 beschlossen

Das zum Jahresende 2009 veröffentlichte Rechnungslegungsrechts-Änderungsgesetz 2010 (RÄG 2010) soll Erleichterungen für Unternehmen bringen und auch zu einer Annäherung an die Einheitsbilanz (d.h. die unternehmensrechtlichen entsprechen immer mehr den steuerlichen Bilanzierungsvorschriften) führen. Außerdem wird durch die Abschaffung diverser Wahlrechte eine höhere Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse eintreten. Die Änderungen, von denen die wesentlichsten nachfolgend dargestellt sind, sind auf Jahresabschlüsse für ab dem 1. Jänner 2010 beginnende Wirtschaftsjahre anzuwenden. Erhöhte Umsatzgrenze zur Buchführungspflicht Die Rechnungslegungspflicht für Unternehmer ist entweder von bestimmten Rechtsformen (z.B. GmbH, AG) abhängig oder sie tritt ein, wenn eine gewisse Umsatzschwelle überschritten wird. Ziel dieser Regelung ist mitunter, dass kleine Unternehmer nicht der Rechnungslegungspflicht unterliegen sollen. Mit dem RÄG 2010 wurden die Umsatzschwellen erhöht, wodurch zukünftig weniger Unternehmen rechnungslegungspflichtig sind – steuerlich führt dies dazu, dass die Gewinnermittlung gem. § 5 Abs. 1 EStG zurückgeht bzw. öfters gar nicht erst eintritt. Die Erhöhung der Umsatzschwelle erfolgt in zweifacher Weise – wird die Umsatzschwelle von 700.000 € (vormals 400.000 €) in zwei aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren jeweils überschritten, so muss der Unternehmer im darauf zweitfolgenden Wirtschaftsjahr (also im 4. Jahr) die unternehmensrechtliche Rechnungslegung einrichten. Das Pufferjahr (3. Wirtschaftsjahr) dient zur Vorbereitung auf die Umstellung, wobei es gleichgültig ist, ob in diesem Jahr der Umsatz größer oder kleiner als 700.000 € ist. Beträgt der Umsatz in einem Wirtschaftsjahr über 1 Mio. € (früher 600.000 €), so tritt die Rechnungslegungspflicht bereits im unmittelbar darauf folgenden Wirtschaftsjahr ein. Umgekehrt fällt die Rechnungslegungspflicht (wieder) ab dem Folgejahr weg, wenn in den zwei unmittelbar vorangehenden Wirtschaftsjahren Umsatzerlöse von jeweils kleiner als 700.000 € erzielt wurden. Zu beachten ist, dass bei dem Übergang von der alten zur neuen Regelung bereits die neuen Schwellenwerte gelten und es teilweise zu Überschneidungen mit früheren Übergangsbestimmungen kommen kann. Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen sind sofortiger Aufwand Der Aufbau des Geschäftsbetriebes bei Unternehmensgründung bzw. die Erweiterung desselben stellen besondere Phasen dar, in denen oftmals hohe Kosten, beispielsweise für den Aufbau der Unternehmensorganisation, für die Errichtung der Beschaffungs- und Absatzkanäle oder für Marktstudien anfallen. Bisher konnten Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen entweder sofort im Jahr des Anfallens gänzlich als Aufwand geltend gemacht werden oder aber aktiviert und anschließend über 5 Jahre verteilt abgeschrieben werden. Mit dem RÄG 2010 fallen dieses Wahlrecht des Unternehmensrechts und die Möglichkeit der Aktivierung weg – steuerlich besteht ebenso sofort volle Abzugsfähigkeit. Für in früheren Jahren aktivierte Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen ändert sich nichts, sie sind weiterhin planmäßig bzw. bei schlechter Werthaltigkeit außerplanmäßig abzuschreiben. Aktivierungspflicht für den unternehmensrechtlichen Firmenwert Die unternehmensrechtliche Behandlung des (erworbenen) Firmenwerts ist nun mehr - vom Prinzip - betrachtet der steuerlichen Vorgangsweise angeglichen, da der Firmenwert aktiviert und abgeschrieben werden muss. Vor der Änderung durch das RÄG 2010 bestand im Unternehmensrecht ein Wahlrecht zwischen Aktivierung und sofortiger Geltendmachung als Aufwand. Wenn nun auch im Unternehmens- und im Steuerrecht der Firmenwert zwingend zu aktivieren ist, so kann ein Unterschied in der Nutzungsdauer des Firmenwerts bestehen. Im Steuerrecht werden grundsätzlich 15 Jahre normiert und im Unternehmensrecht jene Anzahl von Jahren, in denen der Firmenwert voraussichtlich genutzt wird. Häufig werden 15 Jahre gewählt, teilweise wird auch von maximal 5 Jahren Nutzungsdauer ausgegangen. Sofern im Unternehmensrecht nicht ebenso 15 Jahre gewählt werden, kommt es zu einer entsprechenden Mehr-Weniger-Rechnung (MWR). Bei Ertragslosigkeit kann eine außerplanmäßige Abschreibung in der Unternehmensbilanz erforderlich werden. Entfall des erweiterten Niederstwertprinzips Bei der Bewertung des Umlaufvermögens war es Unternehmern bisher durch ein Wahlrecht im Unternehmensrecht gestattet, das Umlaufvermögen gleichsam antizipativ abzuschreiben, sofern nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung eine weitere Wertminderung nach dem Bilanzstichtag zu erwarten ist. Diese im Vorsichtsprinzip wurzelnde Bestimmung wurde mit dem RÄG 2010 gestrichen. Der noch im Entwurf vorgesehene Wegfall des Zuschreibungswahlrechts im Zusammenhang mit (abgeschriebenem) Anlage- und Umlaufvermögen wurde schließlich nicht übernommen. Die daraus resultierende Zuschreibungspflicht hätte auch einen Schritt Richtung Einheitsbilanz bedeutet und die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen erhöht.

Sind Doppel- und Überzahlungen umsatzsteuerpflichtig?

Im Wirtschaftsleben kommt es regelmäßig vor, dass Kunden an Unternehmer irrtümlich Zahlungen doppelt leisten oder Beträge überweisen, die den tatsächlichen Rechnungsbetrag übersteigen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob solche Doppel- und Überzahlungen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. In Österreich liegt diesbezüglich keine relevante Rechtsprechung vor. Aufgrund einer ähnlichen umsatzsteuerlichen Gesetzgebung könnte jedoch ein vor einiger Zeit ergangenes Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes auch für Österreich von Bedeutung sein (BFH 19.7.2007, V R 11/05). Laut BFH ist zu unterscheiden, ob überhaupt ein steuerbarer Vorgang vorliegt. Erfolgt eine Fehlüberweisung ohne vorangegangener Leistung, steht das Entgelt in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit einer Leistung. Folglich besteht auch keine Umsatzsteuerschuld. Liegt hingegen eine Doppel- bzw. Überzahlung im Zusammenhang mit einer steuerbaren Leistung vor, stellen die vereinnahmten Entgelte im Zeitpunkt des Zahlungseinganges laut BFH die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer dar. Insoweit der Unternehmer Teile der Überzahlung an den Kunden zurückzahlt, mindert sich die Bemessungsgrundlage nachträglich (§ 16 UStG). Das Urteil des BFH steht in Einklang mit der umsatzsteuerlichen Behandlung eines Entgelts, das uneinbringlich wird. Im Fall der Uneinbringlichkeit reduziert sich die Bemessungsgrundlage auf das verbleibende niedrigere Entgelt. Laut BFH kann für den umgekehrten Fall der Doppel- bzw. Überzahlung nichts anderes gelten. In Hinblick auf die Grundregeln des Mehrwertsteuersystems erscheint das BFH-Urteil jedoch problematisch, da die Umsatzsteuerschuld auf Basis des vereinnahmten Entgelts zu ermitteln ist, wohingegen der Leistungsempfänger nur die auf der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen kann. Im vorliegenden Fall wäre die Umsatzsteuer somit keine reine Verbrauchsteuer - dies würde sowohl dem Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung widersprechen als auch die steuerliche Neutralität der Umsatzsteuer in Frage stellen. Darüber hinaus könnte das BFH-Urteil dem Gemeinschaftsrecht widersprechen, da Doppel- bzw. Überzahlungen nicht geleistet werden, um die Leistung zu erhalten. Solche Zahlungen unterliegen laut Rechtsprechung des EuGH von vornherein nicht der Umsatzsteuer.